Über den Tellerrand hinaus
Aufgewachsen auf einem Bauernhof habe ich viele schöne Erinnerungen an meine Kindheit. Und obwohl es immer anzupacken galt, hatte ich auch viele Freiheiten. Baumhütten bauen gehörte ebenso dazu wie das Hacken auf dem Zuckerrübenfeld. Immer dabei war auch der Hofhund Bobby, der lautstark mithalf, wenn die Kühe auf die Weide sollten.
Der Umgang mit Tieren und die Arbeit auf dem Feld prägten damals meine Beziehung zur Natur. Als Bauernsohn weiss ich genau, woher unser Essen kommt und wie wichtig eine intakte Umwelt für uns und unsere Kinder ist. Auf unserem Hof war immer viel los, und am Mittagstisch sassen oft Pflegekinder, Saisonniers und Verwandte. Besonders gefreut habe ich mich immer, wenn ich Hackbraten und richtigen Kartoffelstock auf dem Teller sah. Weniger Begeisterung löste der Blick auf den «Ämtliplan» aus, wenn Abräumen und Abwaschen aufgeführt waren. Meine Mutter erklärte mir aber früh, dass Gerechtigkeit eng mit Klarheit zusammenhängt. Und seither habe ich verinnerlicht, dass Regeln fürs Zusammenleben wichtig sind. Diese unersetzbaren Erfahrungen aus meinen jungen Jahren führten zu Werten, die heute auch die Grundlage für meine Politik bilden. Meine Mutter darf zu Recht stolz sein, dass sie mir damals beibrachte, Verantwortung für mein Tun und Lassen zu übernehmen.
Wenn wir über unseren gefüllten Tellerrand hinausblicken, bedeutet verantwortungsvolles Handeln auch, bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen nicht wegzusehen. Selbst wenn patriotische Gefühle den Blick manchmal trüben. Aber für selber verursachte Schäden müssen eben auch Schweizer Konzerne geradestehen.
Doch wie uns Kindheitserlebnisse lehren, ist das mit der Freiwilligkeit so eine Sache. Oder haben Sie sich, liebe Leserinnen und Leser nach vorne gedrängelt, wenn es ums Abwaschen und Putzen ging? Damit auch Unangenehmes erledigt wird, braucht es oft verbindliche Regeln. Und genau sol
che fordert die Konzernverantwortungsinitiative für die Wirtschaftswelt.
Wer beim Rückwärtseinparken eine Delle im Auto des Nachbarn hinterlässt, stiehlt sich nicht klammheimlich davon, sondern kommt für den Schaden auf. Warum soll das bei Konzernen anders sein, wenn sie Flüsse vergiften oder auf Kinderarbeit setzen? Ich kann das Zetermordiogeschrei einzelner Grosskonzerne gegen klare Regeln jedenfalls nicht verstehen. Zumal ja die meisten Unternehmen von dieser Initiative gar nicht betroffen sind, wenn sie anständig wirtschaften. Ich möchte am Glauben festhalten, dass unser Erfolgsmodell Schweiz und unser Wohlstand auch auf Werten wie Anstand und Verantwortung beruhen. Denn auf solche Werte bin ich stolz. Die Konzernverantwortungsinitiative stellt sicher, dass künftig niemand mehr diese Werte mit Füssen tritt. Ein «Ämtliplan» für die grossen Konzerne ist bestimmt nicht zu viel verlangt, wenn man über den Tellerrand hinausblickt.
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